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Umsatzsteuer

Verkauft ein Unternehmer Produkte oder Dienstleistungen, zahlt er für diesen Umsatz eine Umsatzsteuer an die Finanzbehörden. Als Verbraucherabgabe ist die Steuer darauf angelegt, dass sie wirtschaftlich vom Endverbraucher getragen wird. Für bestimmte Leistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gilt ein ermäßigter Steuersatz.

Weil die Umsatzsteuer durch den Unternehmer erhoben wird, aber vom Konsumenten getragen wird, zählt sie zu den indirekten Steuern. Sie ist vom Unternehmer unabhängig von der Ertragslage zu entrichten. Der Steuersatz beträgt in Deutschland seit dem 1. Januar 2007 19 Prozent, der ermäßigte Satz sieben Prozent. Letzterer wird unter anderem auf Lebensmittel, Zeitschriften und Bücher, künstlerische Leistungen sowie bestimmte Beförderungsleistungen angewandt.

Der ermäßigte Satz gilt im Nahverkehr für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (einschließlich freigestellter Linienverkehre sowie Sonderformen des Linienverkehrs, vgl. Ziff. 12.13 Umsatzsteuer-Anwendungserlass, UStAE), im Verkehr mit Taxen (nicht Mietwagenverkehr), mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art, im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie für Beförderungen im Fährverkehr. Eine Beförderung gilt als Nahverkehr, wenn der Verkehr innerhalb einer Gemeinde stattfindet oder die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt.

Eine Erhöhung auf den Regelsteuersatz von 19 Prozent im Nahverkehr würde zu jährlichen Mehrbelastungen der Bürger von über 950 Millionen Euro führen. Entweder müssten – bei gleichem Angebot und gleicher Qualität – die Fahrpreise um zwölf Prozentpunkte erhöht werden. Geschieht das nicht, würden die vor allem von den kommunalen Eigentümern der Verkehrsunternehmen finanzierten Fehlbeträge deren Haushalte zusätzlich belasten.

Eine Ermäßigung aus sozialen Gründen gab es bereits bei der Beförderungssteuer. 1968 wurde diese in die Umsatzsteuer integriert, welche bereits Ermäßigungen für Grundnahrungsmittel und andere Bereiche der Daseinsvorsorge vorsah. Um die sozialen Tarife beibehalten zu können, aber auch um den besonderen Verkehrsverhältnissen in den Ballungsgebieten Rechnung tragen zu können und um Subventionen der Verkehrsträger zu vermeiden, wurde die Ermäßigung für den Nahverkehr beibehalten (BT-Drs. V/48, S. 4, 17/465, S. 245). Neben den sozial- und verkehrspolitischen Rechtfertigungsgründen gewinnen Umwelt- und Klimaschutzaspekte heute zunehmend an Bedeutung.

Zuwendungen, die Verkehrsunternehmer als Investitions- oder Betriebskostenzuschüsse erhalten, können entweder echte nichtsteuerbare Zuschüsse, Entgelte für Leistungen des Verkehrsunternehmers an den Zuschussgeber oder preisauffüllende Entgelte von Dritten sein. Nur echte Zuschüsse fallen nicht in den Anwendungsbereich des Umsatzsteuergesetzes, weil kein Leistungsaustausch vorliegt.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (vergleiche Verfügung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe v. 29.02.2008 - S 7200, Verfügung der Oberfinanzdirektion Niedersachsen v. 08.10.2014 – S 7200 – 283 – St 171) stellen die finanziellen Leistungen der für den öffentlichen Nahverkehr zuständigen Aufgabenträger an die Verkehrsunternehmer echte nicht steuerbare Zuschüsse dar, wenn sie dazu bestimmt sind, allgemein eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu gewährleisten. Diese Auffassung gründet insbesondere auf einen Beschluss der Finanzministerkonferenz aus dem Jahr 1993 und Folgebeschlüsse der Umsatzsteuerreferenten des Bundes und der Länder von 1995.

Werden dagegen Einzelleistungen vereinbart, soll ein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vorliegen. Fahrplanmäßig festgelegte Verkehrsangebote zur Bedienung der Allgemeinheit im ÖPNV sind nach der eindeutigen Beschlusslage nicht als Gegenstand einer konkreten Bestellung einzelner Nahverkehrsleistungen anzusehen. Zahlungen aufgrund von hierüber getroffenen Vereinbarungen unterliegen daher nicht der Umsatzsteuer.

Die Abgrenzung zwischen echtem Zuschuss und zusätzlichem Entgelt eines Dritten wird nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen (vergleiche Tz. 10.2, Absatz 4 UStAE, Bundesfinanzhof-Urteil vom 8.3.1990, V R 67/89; Bundessteuerblatt II S. 708). Hierbei spielt nach bundeseinheitlicher Verwaltungspraxis die Bemessung der Zuschüsse eine Rolle. Sollen durch die Zuschüsse nicht gedeckte Kosten oder Verluste ausgeglichen werden (Preis-Kosten-Vergleich), liegen echte nichtsteuerbare Zuschüsse vor. Beispiel hierfür sind die Ausgleichsleistungen nach § 45a Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und § 6a Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG).

Umsatzsteuerbare preisauffüllende Entgelte von Dritten (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG) sind Zahlungen, die von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung des Unternehmers gewährt werden. Beispiel hierfür ist die Erstattung von Fahrgeldausfällen für die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr nach §§ 145 ff Sozialgesetzbuch (SGB) IX. Die erstatteten Fahrgeldausfälle sind Entgelt eines Dritten: Die Zahlungen begleichen das Fahrgeld, das die begünstigten Personen ansonsten als Leistungsempfänger entsprechend dem geltenden Tarif hätten aufwenden müssen (vergleiche Tz. 10.2 Absatz 6 UStAE). Weitere Beispiele enthalten der Umsatzsteuer-Anwendungserlass sowie insbesondere die Verfügung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 29.02.2008.