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Hybridantrieb

Hybridantriebe sind Fahrzeugantriebe, bei denen mehrere (meist zwei) Antriebsarten im Wechsel oder nebeneinander wirken, wobei der Nutzen im Betrieb der jeweils wirtschaftlichsten oder umweltfreundlichsten Antriebsstrategie liegt.

Gerade Linienbusse eignen sich wegen ihres häufigen Bremsens und Anfahrens für die Hybrid-Technologie, weil hier signifikant Bremsenergie zurückgewonnen werden kann. Mit hybriden Linienbusantrieben kann folglich Treibstoff eingespart und die Umweltfreundlichkeit (Schadstoffemissionen, globale Emissionen, Geräuschemissionen) des Linienbusses noch weiter gesteigert werden. Rund 35 Bremsungen aus einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde ermöglichen die Einsparung von einem Liter Dieselkraftstoff. Da die kinetische Energie im Quadrat der Fahrzeuggeschwindigkeit wächst, würden bereits 13 Bremsungen aus 80 Kilometer pro Stunde ausreichen, um einen Liter Dieselkraftstoff zu rekuperieren.

Ein Hybridantrieb ist jedoch signifikant komplexer als ein konventioneller Diesel- oder Erdgasantrieb, häufig ist er auch schwerer und teurer. Ein ruckfreies Beschleunigen durch elektrische Fahrmotoren und ein geräuscharmer Fahrbetrieb sind klare Qualitätsvorteile für die Fahrgäste – und letztlich auch für die Anwohner.

In der Praxis werden die kombinierten Antriebsarten eines Hybrid durch die Grundkomponenten „Hauptaggregat“ (z. B. Dieselmotor, Erdgasmotor oder Brennstoffzelle), „Energiespeicher“ (z. B. Batterie, Hochleistungskondensator oder Schwungradspeicher) und „Fahrantrieb“ (z. B. elektrischer Radnabenantrieb, elektrischer Zentralmotorantrieb oder konventionelle Portalachse) beschrieben.

Die Konfiguration dieser Grundkomponenten kann in verschiedenen Hybridkonzepten (serieller, paralleler oder leistungsverzweigter Hybrid) erfolgen, die spezifische Vor- und Nachteile aufweisen. Während der serielle Hybrid durch die rein elektrische Energieübertragung von Hauptaggregat und Energiespeicher zu den elektrischen Fahrmotoren die höchste Flexibilität in der Komponentenanordnung ermöglicht, bleibt beim Parallelhybrid der konventionelle mechanische Antriebsstrang mit Automatikgetriebe weitgehend erhalten. Deshalb kann hier mit geringeren Gesamtkosten gerechnet werden. Leistungsverzweigte (Misch-)Hybride bewegen sich zwischen diesen Hybrid-Grundtypen.

Die heterogenen Einsatzprofile im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), die zwischen schwerem Stadtverkehr und leichtem Überlandverkehr signifikant differieren, und die technische Auslegung der Systeme auf die individuellen Einsatzfälle vor Ort, inklusive einer individuellen Betriebsstrategie, sind entscheidende Einflussgrößen für den realen Nutzen der unterschiedlichen Hybridkonzepte.

Neben dem gewählten Hybridkonzept ist insbesondere auch die verwirklichte Funktionalität für den Erfolg eines Hybrid entscheidend – z. B. durch Bremsenergierekuperation, Start-Stopp-System, Einsatz kleinerer Hauptaggregate („Downsizing“), Elektrifizierung der Nebenaggregate und deren Energiemanagement, bedarfsgerechte Bereitstellung höherer Leistung („Boosten“), emissionsfreier Betrieb kurzer Strecken etc. Potenzial und Chancen der Hybridtechnik sind ebenfalls eng mit den Charakteristika der Energiespeichertechnik verbunden. Vorteile von Ultracaps (Hochleistungskondensatoren) sind hohe Leistungsdichten, d. h. eine rasche Energieaufnahme und -abgabe. Von Nachteil ist hier die geringe Energiedichte und damit limitierte Gesamtenergieaufnahme.

Demgegenüber weisen Batterien eine hohe Energiedichte und damit hohe Energiespeicherfähigkeit, jedoch eine geringere Leistungsdichte auf. Gleichsam hohe Leistungs- und Energiedichten werden von Lithium-Ionen-Batterien erwartet. Kritische Punkte sind heute noch die Lebensdauerlimitierung aufgrund großer Sensibilität auf Temperaturverhältnisse und Spannungsänderungen sowie ein hoher Regelaufwand.

Die Wahl einer geeigneten Betriebsstrategie hinsichtlich Phlegmatisierung des Hauptaggregats (z. B. Verbrennungsmotor) und schonendem Betrieb des Energiespeichers (z. B. Batterie) durch Limitierung des Entlade/Ladehubs etc. ist essentiell.Zur Quantifizierung des Potenzials von Linienbussen mit Hybridantrieben und zur Förderung der Serienreife fördern das Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen des Projekts „Hybrid-Busse für einen umweltfreundlichen ÖPNV“, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in einer begrenzten Anzahl ausgewählter Modellregionen und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in einem gesonderten Projekt den Kauf von Hybridbussen.

Die BOGESTRA nahm am 8. August 2011 die erste reine Hybridbuslinie Deutschlands in Betrieb.

Sich als ÖPNV-Unternehmen der Verantwortung für die Natur zu stellen und ein Blick über den Tellerrand zu wagen, waren 2008 die ersten Schritte auf dem Weg zum Einsatz des ersten serienreifen Hybridbusses Nordrhein-Westfalens. 2010 kamen weitere Fahrzeuge hinzu, darunter auch der erste Hybridbus weltweit mit einem deutschen Getriebe, hergestellt von Voith Turbo. Inzwischen sind bei der BOGESTRA 15 Hybridbusse täglich in Bochum, Gelsenkirchen, Witten und Hattingen im Einsatz. Seit dem 8. August ist nun auch Herne hinzugekommen.

 

 Quelle: BOGESTRA AG

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Weiterführende Literatur

Pütz, R., Müller-Hellmann, A.: Hybridantriebe in Linienbussen – eine Schlüsseltechnologie des Klimaschutzes, Eisenbahntechnische Rundschau (ETR), (2009) Nr. 6

Pütz, R.: Die andere Art der Rückgewinnung von Energie im Busbereich – Der Prozesswärme auf der Spur, Der Nahverkehr, 28 (2010) H. 5

Nachhaltiger Nahverkehr – Beiträge des ÖPNV zum Umwelt- und Klimaschutz 
Alba-Verlag, Düsseldorf, Kapitel: Fahrzeuge - Busse, S. 264-301

Pütz, R.: Strategische Optimierung von Linienbusflotten, Alba-Verlag, Düsseldorf

Müller-Hellmann, A., Christ, E., Pütz, R.: Hoffnungsträger Hybridantriebe, Der Nahverkehr, 26 (2008) H. 12

Pütz, R.: Die Bedeutung des Busverkehrs für den Umweltschutz im Nahverkehr, Kommunalwirtschaft, Sonderausgabe 2010

Pütz, R.: Modell zur strategischen Optimierung von Linienbusflotten – Ein umfassender ökologisch-ökonomischer Ansatz, Der Nahverkehr, 28 (2010) H. 3