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Unbundling

Unter Unbundling (dt.: Entflechtung) wird allgemein die Stärkung der Unabhängigkeit zwischen verschiedenen Geschäftsfeldern eines Unternehmens verstanden. Dies erfolgt durch entsprechende gesetzliche und regulierungsbehördliche Vorgaben.

Ziel des Unbundling ist allgemein die Vermeidung von Diskriminierungen, Quersubventionierungen und anderen Wettbewerbsverzerrungen.

 

Im März 2011 kündigte die Europäische Kommission eine Initiative für Verschärfungen der Anforderungen an die strukturelle Trennung von Schieneninfrastruktur und –transport an. Hiermit sollen nach Auffassung der Kommission Wettbewerbsmöglichkeiten auf der Schiene weiterentwickelt, die Kosteneffizienz verbessert und die Kontinuität von Investitionen gesichert werden.

Im Januar 2013 hat die EU-Kommission mit dem 4. Eisenbahnpaket weitreichende Vorschläge zur Umstrukturierung der europäischen Eisenbahnmärkte vorgelegt. Diese sehen konkret vor, dass in Europa künftig nur noch das Modell der vollständigen strukturellen Trennung von Infrastruktur- und Transportsparten zulässig ist.

Im VDV wurden die Pläne der EU-Kommission kritisch bewertet. Im Ergebnis und mit Blick auf Erfahrungswerte aus der Bahnstrukturreform in Deutschland, die bereits Ende 1993 auf den Weg gebracht wurde, ist nach Auffassung des VDV eine Verbesserung der unternehmerischen Zukunftschancen im Eisenbahnverkehr durch die von der EU-Kommission verfolgten Ziele weder plausibel erscheint noch empirisch belegbar ist.

Untersuchungen und Zahlen, die u.a. vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) veröffentlicht wurden, belegen eindeutig, dass bereits die vollzogene Bahnstrukturreform und die damit verbundene Marktöffnung in Deutschland im europäischen Vergleich weit fortgeschritten ist. Demnach ist bspw. die Schienengüterverkehrsleistung in der EU zwischen 2000 und 2009 insgesamt um ca. acht Prozent gefallen. Im gleichen Zeitraum stieg jedoch die Verkehrsleistung des Schienengüterverkehrs in Deutschland um mehr als 40 Prozent. Auch die Marktanteile des Schienengüterverkehrs belegen nach Zahlen von Eurostat, dass mit der Marktöffnung in Deutschland Mitte der 90er Jahre beachtliche Fortschritte erzielt worden sind. So ging im gesamten gesamten EU-Raum der Marktanteil des Schienengüterverkehrs zwischen 2000 und 2009 von 20 auf 17 Prozent zurück, während für Deutschland eine Verbesserung von 19 auf 21 Prozent dokumentiert ist.

Die bisherige Bilanz der Marktöffnung bietet folglich keinen Anlass, die bestehende Pluralität der Organisationsformen der Eisenbahnunternehmen zu beschneiden und in Europa im Extremfall künftig nur das Modell der vollständigen strukturellen Trennung von Infrastruktur- und Transportsparten zuzulassen.

Hinzu kommt, dass in Deutschland sowie in einigen anderen Mitgliedstaaten der EU neben einem großen nationalen Verkehrs- bzw. Infrastrukturunternehmen zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen existieren. In Deutschland entfallen von den 37 700 km des gesamten Eisenbahnnetzes ca. 4 300 km auf rund 120 nichtbundeseigene Betreiber.

Rund 65 Prozent dieser Strecken dienen in Deutschland ausschließlich dem Schienengüterverkehr. Gerade auf diesen Strecken werden die verfügbaren Kapazitäten nicht einmal annähernd ausgelastet. In der überwiegenden Zahl der Fälle werden diese Infrastrukturen nicht oder nur in geringem Umfang von Dritten genutzt. Eine strikte Trennung von Infrastruktur und Transport würde in diesen Fällen die Trassennachfrage nicht beeinflussen, wäre aber schon allein aufgrund der erforderlichen Duplizierung der Strukturen mit organisatorischem und betrieblichem Mehraufwand in erheblicher Größenordnung verbunden.  

Einer Studie der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) zufolge würde der Mehraufwand europaweit ca. 5,8 Mrd. Euro betragen. Angesichts der zumeist ohnehin prekären wirtschaftlichen Situation vieler regionaler Eisenbahnverkehrsunternehmen wäre deren weitere Existenzfähigkeit gefährdet. Die von der EU-Kommission angestrebte Weiterentwicklung des Wettbewerbs im Eisenbahnverkehr würde damit im Keim erstickt.

Der VDV hat zu diesem Thema ein Positionspapier veröffentlicht (siehe "4. EU-Eisenbahnpaket").

 

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